"Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag"

Mit dieser durchaus streitbaren These, einem Zitat von Trainerlegende Ernst Happel, begrüßte die Torfabrik ihre rund 80 Gäste. Zum Auftakt ins Jubiläumsjahr lud man zur "Pressekonferenz" ein, um Mannschaft und Fans auf die nahe Zukunft einzuschwören.

Der Bürgertreff "Campus" war mehr als gut gefüllt, die Fans hatten mächtig gute Laune und waren gespannt, was da wohl kommen möge. Zu Beginn warnte die sportliche Leitung noch vor den Gefahren sowie möglichen Auswirkungen von Pressekonferenzen und nannte Beispiele: Trapattoni, Barschel, Schabowski, TicTacToe. Dass die Pressekonferenz zwischenzeitlich kurz vor dem Abbruch stand, lag jedoch einzig daran, dass der Moderator sich im Überschwang der Gefühle behände ein frisches Veltins über das Notebook goß. Mit Überraschungen musste gerechnet werden, das kündigte die sportliche Leitung schließlich schon an.

 

Ein "eigentlich ganz normaler" Fußballverein

 

Mit einem Schulterblick zurück auf die 25-jährige Wegstrecke lässt sich festhalten: aus der Fußball-AG eines Behindertenwohnheims ist längst ein "eigentlich ganz normaler" Fußballverein geworden, eine Institution. Das zeigte nicht nur die Resonanz des geneigten Fußballvolkes, sondern auch die Besetzung des Podiums: mit Pille Bartsch, Matthias Willmes und Peter Mevi saßen die drei alten Recken vorne, die schon von Anfang an dabei und immer noch aktiv sind. Als "drei alternative Helden des Fußballsports, deren Namen jeder echte Fan kennen sollte", wurde das torfabrikalische Dreigestirn für seine Treue entsprechend gewürdigt.

 

Zu Beginn stand ein Resümee der fußballfreien Zeit während der Corona-Pandemie. Drei entbehrungsreiche Lockdowns und drei fulminante Comebacks später muss man feststellen: der Leidenschaft hat das keinen Abbruch getan. Vielmehr wurde in dieser Zeit hinter den Kulissen ebenso kräftig wie erfolgreich an mancher Stellschraube gedreht. Aus staubiger Asche kommend wurde der heilige Rasen des Dünnefeldstadions zur neuen Trainingsstätte der Torfabrik. Hatte man früher weder Umkleide, Unterstand oder gar Duschen und Toiletten, gibt es heute fließendes Wasser - sogar warmes - und behindertengerechte Sanitäranlagen nebst überdachter Sitzplatztribüne. Im Winter trainiert man nun in der Doppelturnhalle vom August-Macke-Schulzentrum und freut sich auch dort über den Zugewinn an Platz und Komfort. Für torfabrikalische Verhältnisse zwei echte Quantensprünge.

 

Auch in punkto Sponsoring katapultierte man sich in vollkommen neue Dimensionen, was sich nicht nur in einem neuen Trikotsatz, sondern auch in der Anschaffung weiterer Teambekleidung und identitätsstiftender Accessoires niederschlug und nun sogar in der Eröffnung eines eigenen, bundesligareifen Fanshops mündete. Erstmals in einem Vierteljahrhundert konnte die sportliche Leitung darum auch ruhigen Gewissens einen Finanzbericht veröffentlichen. Im Vergleich zu manch populärem Konkurrenzverein steht die Torfabrik nämlich geradezu blendend da, was kurzerhand die Frage aufwarf, ob man nicht vielleicht den FC Schalke 04 übernehmen könne. Was allerdings keine Mehrheit fand.

Torfabrik verpflichtet Profitrainer Zimmermann

 

Bei der vollumfänglichen Vorstellung des aktuellen Kaders mit allen 35 Spielerinnen und Spieler kochte die Stimmung im "Campus" dann gänzlich über. Jede Spielerin und jeder Spieler wurde einzeln präsentiert und abgefeiert. Immer wieder griffen die Aktiven dabei selbst zum Mikrofon und stachelten ihre Fans zusätzlich an.

 

Und doch brach der aufgebaute Spannungsbogen erst vollends, als die sportliche Leitung einen neuen Trainer präsentierte. Nach einer 3:18-Niederlage gegen die C-Juniorinnen des FC Remblinghausen nur wenige Tage vor der Pressekonferenz, kündigte das Trainerteam nämlich anstandshalber - vorerst für die Dauer einer zweistündigen Trainingseinheit - seinen Rücktritt an. Ein ehemaliger Profifußballer, der den Torfabrikanten "mal kräftig in den Hintern treten wird", wurde den Spielerinnen und Spielern übergangsweise als Nachfolger angekündigt.

 

Begeisterung brach sich ihre Bahn, als die Katze dann endlich aus dem Sack gelassen wurde: Am 20.Februar übernimmt Andreas "Zimbo" Zimmermann bei der Torfabrik - vorübergehend und ehrenamtlich - das Ruder. Der Ex-Profi (Hertha BSC, Union Berlin, SC Paderborn, RW Essen, LR Ahlen) und Trainer (u.a. RW Oberhausen, Wuppertaler SV, Carl Zeiss Jena, RW Ahlen) soll die Torfabrik für die anstehende Saison im Behindertensportverband ordentlich auf Vordermann bringen, so der Auftrag an den neuen und ultimativen Hoffnungsträger.

 

Mit zwei Mannschaft im Ligabetrieb

 

Anschließend präsentierte die Vereinsführung die zahlreichen geplanten Aktivitäten im Jubiläumsjahr. Mit zwei Mannschaften geht man wieder im Ligabetrieb des Behindertensportverbandes ins Rennen. Das A-Team darf sich auf eine spannende Saison in der 3.Liga und die traditionsreichen Duelle gegen die Teams aus Lüdenscheid, Lippstadt und Dülmen freuen. Das B-Team tritt in der sogenannten "Freundschaftsrunde" an und richtet dort im September auch einen eigenen Spieltag in Meschede aus.

 

Da nicht alle Vereine und Institutionen die Corona-Pandemie so schadlos weggesteckt haben wie die Torfabrik, befindet sich der organisierte Spielbetrieb in Westfalen zurzeit noch im Wiederaufbau. Als Staffelleitung in Liga 3 und als Ausrichter in der Freundschaftsrunde übernimmt die Torfabrik im Behindertensportverband auch weiterhin Verantwortung, um das organisierte Fußballspielen für Menschen mit Behinderungen in Westfalen möglich zu machen.

 

Zum Dülmener Budenzauber am Samstag, 04.März und zum Spieltag in Lippstadt - vorraussichtlich im Mai - werden wieder Fanbusse eingesetzt. Noch nicht alle Spieltage sind bis dato abschließend terminiert. Von Donnerstag, 08.Juni bis Sonntag, 11.Juni geht's in ein viertägiges Trainingslager nach Hattingen.

 

Inklusion einfach einfach machen

 

Doch nicht nur auf dem grünen Rasen werden es die Torfabrikanten richtig krachen lassen, sondern auch auf dem gesellschaftlichen Parkett stehen verheißungsvolle Events und Partys an. Neben viel Fußball wird auch viel Musik im Jubiläumsjahr drin sein und die Torfabrikanten mit vielen unterschiedlichen und netten Menschen zusammenbringen.

 

"Was der Fohlenelf in den 70er Jahren Günter Netzers Diskothek 'Lover's Lane' oder den Profis des FC Bayern das 'P1', ist für die Torfabrik Meschede das Musiklokal 'Tröte'", so der Coach. Dort veranstaltet die Torfabrik am Samstag, 15.April ein Konzert mit der Band "Pace Reload" und präsentiert Southern Bluesrock vom Feinsten. Am Freitag, 16.Juni sind im Rahmen des "Colors of Rock"-Open-Air-Festivals u.a. "The Argies", eine wilde Punkrock-Combo aus Argentinien, in Meschede zu Gast und auch die Torfabrikanten in erster Reihe mit dabei.

 

Höhepunkt des Jahres wird am Samstag, 26.August die Jubiläumsgala "25 Jahre Torfabrik" in der Mescheder Stadthalle. Eine fette Rockfete mit Livemusik von der großartigen "Andreas Diehlmann Band". Mit einer hochqualifizierten Mischung aus Rock'n'Roll, Blues und Boogie werden die deutschlandweit geschätzten Gewinner des "German Blues Award" dafür sorgen, dass garantiert kein Fuß mehr still stehenbleibt.

Den Mescheder Kulturbetrieb inklusiver zu machen, ist abseits des Fußballplatzes das Ziel, mit dem die Torfabrik in ihrem Jubiläumsjahr antritt. Als Partner dafür konnte man den Werkkreis Kultur gewinnen, der seit über vier Jahrzehnten für Konzerte, Theater und Kabarett in Meschede verantwortlich zeichnet. "Inklusion einfach einfach machen", lautet dabei das Credo der Torfabrik, die ihre Aktivitäten in diesem Jahr in den besonderen Kontext der Special Olympics Weltspiele und des Hosttown Programms der Stadt Meschede setzt. Hierzu werden im Mai und Juni weitere Veranstaltungen stattfinden, die auf die Begeisterung und Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen im Sport aufmerksam machen und für deren gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben werben.

 

Davor, dazwischen und danach gibt's erwartbar viel Fußball. Das Jubiläumsjahr wird beschlossen durch die Veröffentlichung einer Festschrift, mit der im Herbst diesen Jahres gerechnet werden darf und die von der Vereinsführung schon jetzt als "Kampfschrift gegen den modernen Fußball" angekündigt wurde.

 

Wahl des offiziellen Teamgetränks

 

Zum Abschluss der Veranstaltung stand die traditionelle Wahl des "Offiziellen Teamgetränks" an, über das alle Anwesenden abstimmen durften. Bei zwei alternativen Vorschlägen - Erdinger Hefeweizen (1 Stimme) und Wasser (1 Stimme) - obsiegte erneut der bisherige Getränkepartner aus dem Stadtgebiet (ca. 78 Stimmen). Im 14.Jahr in Folge ist somit Veltins das offizielle und demokratisch gewählte Teamgetränk der Torfabrik Meschede. Und das ist ausnahmsweise mal keine Überraschung.