Fußball-WM 2034 in Meschede! Pille Bartsch in die Nationalelf! Die Forderungen waren kühn, doch der eingeschlagene Weg zum Fußballolymp ist zu schmal für große Kompromisse. Denn: wann darf man als Vertreter des einfachen Fußballvolkes schon mal mit dem DFB-Präsidenten diskutieren. Diese Gelegenheit hatten wir jetzt.
Von links nach rechts: Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner, DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der Bundestagsabgordnete Dirk Wiese, Moderator Andreas Melliwa, Torfabrik-Trainer Sebastian Nöckel, Laura Stein und Lea Brust vom TuS Oeventrop, sowie der Staffelleiter der Bezirksliga Michael Ternes
Die bunt gemischte Fußballbasis war ins Vereinsheim des TuS Oeventrop gekommen, um einer Podiumsdiskussion mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf beizuwohnen, Eingeladen hatte Torfabrik-Langzeitfan und Bundestagsabgeordneter Dirk Wiese, Fraktionsvize der SPD und im Nebenjob Torhüter vom FC Bundestag. Die Spielerinnen und Spieler der Torfabrik gingen in den ersten Sitzreihen in Stellung, der Trainer wurde auf dem Podium platziert.
Dort saß auch Bezirksliga-Staffelleiter Michael Ternes als Spielleiter der "Bundesliga des Sauerlandes". Michael berichtete von den heimischen Sportplätzen, von Problemen in der Schiedsrichtergewinnung, Gewaltausbrüchen auf und neben dem Fußballfeld und machte deutlich, was man dagegen tun muss. "Miteinander reden, am besten schon im Vorfeld", lautet sein Rezept für einen gelingenden Spielbetrieb.
Laura Stein und Lea Brust vom TuS Oeventrop vertraten den Jugend- und besonders den Frauenfußball. Seit vielen Jahren ist da der TuS Oeventrop der Leuchtturm im Hochsauerland. Laura und Lea berichteten eindrücklich davon, wie es engagierte Ehrenamtliche an ihre Grenzen bringt, wenn durchgeknallte Fußballväter ausrasten und vor ihren Töchtern eine Schlägerei auf dem Spielfeld anzetteln wollen. Dass das Ehrenamt nicht nur gefördert, sondern auch geschützt werden muss, sollte da jedem klargeworden sein. Ein konsequentes Vorgehen gegen Gewalt ist wichtig - in jedem Verein und in jeder Liga.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Andreas Melliwa. Der alte Reporterfuchs hatte natürlich längst spitzgekriegt, dass sich die Torfabrik kurzfristig um die Ausrichtung der WM 2034 beworben hatte. Damit ist Meschede als WM-Austragungsort der einzig verbliebene Konkurrent zur religiösen, erdölabhängigen Monarchie in Saudi-Arabien. Nach dem Rückzug Australiens habe man zwei Stunden vor Ablauf des Interessenbekundungsverfahrens der FIFA noch schnell einen Post bei Facebook abgesetzt. Die Zustimmung der Funktionäre wolle man sicherstellen, indem man Präsentkörbe mit Doppelkorn und Sauerländer Schinken in die FIFA-Zentrale nach Zürich schicke. "Das sollte wohl reichen", so der Trainer.
Zur aktuell laufenden Investorensuche der DFL warf der Coach einen Blick auf den letzten verbliebenen Investor-Kandidaten, die Beteiligungsgesellschaft CVC aus Luxemburg. Einer deren größten Anleger ist der Saudische Staatsfonds PIF. "Damit lasst ihr den Scheich durch die Hintertür ins Stadion", wandte er sich an den Präsi und prophezeite, dass der deutsche Fußball in absehbarer Zeit wohl auch die 50+1-Regel fallen lassen werde. Man lasse sich auf ein "Rattenrennen" mit der englischen Premiere League und der spanischen LaLiga ein, dass man weder gewinnen kann, noch gewinnen muss. Der Coach sieht das Problem eher in einem sich ankündigenden Vereinssterben im Amateurfußball als darin, dass man in der Bundesliga keine dreistelligen Millionenbeträge an Ablösesummen bezahlen kann.
Den Faden nahm Moderator Andreas Melliwa später nochmal auf und kam auf den Starspieler der Torfabrik Meschede, Peter "Pille" Bartsch, und etwaige Parallelen zu Cristiano Ronaldo zu sprechen. Der Trainer bekundete, wie stolz er sei, einen Mann wie Pille in seinem Team zu haben. Der stehe seit 25 Jahren jeden Montag beim Training, habe zwar noch nie ein Ligator geschossen, sei aber unverzichtbar und ein Musterbeispiel für Vereinstreue und Fußballleidenschaft. Kein Fan müsse Angst haben, dass er jemals den Verein wechseln werde. Der Trainer berichtete dabei auch von einem Gehaltsvergleich, den er spaßeshalber mal angestellt hatte und rechnete ihn der Runde vor. Ausgehend von Cristiano Ronaldos Jahresverdienst bei Al-Nassr - ohne Berücksichtigung seiner in Briefkastenfirmen durchgewaschenen Werbeeinnahmen - lässt sich unter Annahme von Pilles Stundenlohn als Beschäftiger der Caritas-Werkstatt in Höhe von 1,46 Euro festhalten: Pille müsste sein ganzes Berufsleben lang arbeiten, um das zu verdienen, was Herr Ronaldo in nur 1 Stunde bekommt. Oder anders: Pille müsste 74.074 Jahre zur Arbeit gehen, um 1x das Jahresgehalt von Herrn Ronaldo zu verdienen.
Es ist davon auszugehen, dass Bernd Neuendorf diese - mehr oder weniger geschickt verpackte - Kritik an den Umtrieben des modernen Fußballs zur Kenntnis genommen hat. Und auch der Bundestagsabgeordnete wird die Forderung nach einer würdigen Bezahlung von Menschen mit Behinderungen in ihren Werkstätten herausgehört haben. Selbstredend brachte der Coach Pille Bartsch bei dieser Gelegenheit dann aber auch noch für einen Startplatz in der Nationalmannschaft und als Hoffnungsträger für die anstehende Europameisterschaft ins Gespräch. "Schöne Grüße an Nagelsmann: ob sich der Musiala da 20 Mal festläuft oder ob Pille vorne drin steht, ist ja wohl ziemlich egal", begründete der Trainer seine Forderung. "Ich werde es ihm ausrichten", versprach der DFB-Präsident.