Kick it like Konny

Unsere "Spielordnung" wiegt 1396 Gramm, ist 35 Zentimeter hoch, 24 Zentimeter breit, besteht aus 146 Artikeln, wurde auf handgeschöpftes Büttenpapier gedruckt und in Ziegenleder eingebunden: das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Am 23.Mai 1949 wurde es von Bundeskanzler Konrad Adenauer unterzeichnet und 75 Jahre später vom "Mescheder Bündnis für Demokratie und Solidarität" gefeiert. Mit dabei: die Torfabrik.

Auf dem Kaiser-Otto-Platz in der Mescheder City wurde anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Grundgesetzes ein buntes Fest gefeiert. Der Einladung zur Beteiligung kamen die Torfabrikanten gerne nach. War man zu Beginn etwas ratlos, was eine Fußballmannschaft dort Kreatives beitragen könne, entschied man sich letztlich für das Naheliegende: man spielte Fußball. Fünf Minuten Vollgas mitten auf dem Kaiser-Ottto-Platz. Die taktischen Vorgaben wurden schlank gehalten: "Keine unschuldigen Passanten verletzen und bitte die St.Walburga-Kirche nicht entglasen!"  Der Einladung zum spontanen Mitkicken folgten auch zwei U8-Jungtalente, die sich furchtlos ins Getümmel stürzten. Zum Schiedsrichter wurde kurzerhand Bürgermeister Christoph Weber ernannt. Der Bürgermeister leitete die Partie souverän und unauffällig. Lediglich eine gelbe Karte musste er zücken, als Spieler Alwin Göttling kurz vor Abpfiff noch seinen Mitspieler Daniel "Eisenschädel" Möller auf den Asphalt schickte.

Was aber war nun die Botschaft dieses rasanten Einlagespiels? Der Trainer erinnerte dabei an den Mescheder Josef August Senge, der wegen einer psychischen Erkrankung in einer - wie es damals hieß - "Irrenanstalt" eingsperrt und schließlich in der Gaskammer von Hadamar ermordet wurde. Die Nazis sprachen vom "unwerten Leben", das von ihnen in industriellen Tötungsanlagen zehntausendfach vernichtet wurde. "Vor 80, 90 Jahren wäre das auf diesem Platz nicht möglich gewesen, dass Menschen mit Behinderungen fröhlich und unbeschwert mit einem Ball am Fuß durch die Öffentlichkeit dribbeln", sagte der Coach. "Sie schützt heute unser Grundgesetz, das uns allen die gleiche Würde und die gleichen Rechte zugesteht."

Neben ihrer sportlichen Präsentation übernahmen die Torfabrikanten noch eine weitere Aufgabe: mit einer Schubkarre verteilten sie Grundgesetztexte, was mindestens so leidenschaftlich erledigt wurde wie das Fußballspielen selbst. Die Aufgeschlossenheit der Mescheder Bevölkerung nahmen einige Spielerinnen und Spieler zum Anlass, spontan eine Spendensammlung für sich selbst durchzuführen. Beim Spendenstand von 140,94 Euro stoppte die Vereinsführung das eigenmächtige Engagement ihrer freudestrahlenden Aktiven. Auch wenn das so nicht geplant war, sei alllen versprochen, dass das Ergebnis dieses "großen Schnorrangriffs" wie immer direkt den Spielerinnen und Spielern zugutekommt und für die gemeinsamen Mannschaftsaktivitäten Verwendung finden wird.

Held des Tages war übrigens noch ein ganz anderer Torfabrik-Spieler: auf der Bühne griff Benjamin Wulf zur Gitarre und intonierte den Klassiker "Country Roads", der von der Festgesellschaft begeistert mitgesungen und abgefeiert wurde. Ein toller Auftritt von Benny!

 

Eine umfangreiche Fotogalerie hat zudem auch der Sauerlandkurier veröffentlicht. Hier geht's lang.